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Prof. Antoine Georges erhält Wissenschaftspreis: 40.000 Euro für innovative Forschung

Der „Hamburger Preis für Theoretische Physik“, vergeben von der Joachim Herz Stiftung in Kooperation mit CUI, geht in diesem Jahr an Prof. Dr. Antoine Georges, Professor am Collège de France (Paris), an der École Polytechnique und an der Universität Genf. „Mit dem Hamburger Preis für Theoretische Physik sind Forschungs- und Lehraufenthalte von Prof. Georges am CUI verbunden. Der Preis stärkt damit den Forschungsstandort Hamburg und fördert insbesondere den interdisziplinären Austausch mit jungen Wissenschaftlern“, so Petra Herz, Vorsitzende des Vorstandes der Joachim Herz Stiftung.

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Foto: Jean-Francois Dars, CNRS

Prof. Georges‘ Arbeiten auf dem Gebiet der Theoretischen Festkörperphysik machen nachvollziehbar, wie Materialeigenschaften von zum Beispiel Metallen und Keramiken mit ihrer Struktur und den Wechselwirkungen der Elektronen auf atomarer Ebene zusammenhängen.„Für Fortschritte in der Technologie ist es wichtig, Materialien bestmöglich theoretisch zu beschreiben. Prof. Georges‘ theoretische Modelle bringen die Entwicklung neuer Materialien voran“, sagt Prof. Andrea Cavalleri vom Max Planck Institut für Struktur und Dynamik der Materie in Hamburg.

Korrelierte Elektronen – dynamisch wie eine La-Ola-Welle

Um zu verstehen, wie beispielsweise Supraleiter entstehen, die Strom verlustfrei leiten, kann ein theoretisches Modell jedoch nicht jedes einzelne Elektron eines Festkörpers individuell betrachten. Denn Festkörper bestehen aus etwa 10²³ Teilchen/cm³ – das ist eine Zahl mit 23 Nullen. Stattdessen müssen Beschreibungen gefunden werden, die das Zusammenspiel der Elektronen zwar vereinfacht darstellen, aber gleichzeitig die Eigenschaften des Materials noch realistisch wiedergeben. Vergleichen kann man dies mit einer La-Ola-Welle: Um zu verstehen, wann die Welle durch das ganze Stadion läuft und wann sie vorher verebbt, kann nicht jeder Fußballfan individuell beobachtet und sein Verhalten analysiert werden. Stattdessen betrachtet man den Einfluss äußerer Umständewie die allgemeine Stimmung, Spielverlauf und Wetter und berücksichtigt auch den Einfluss der Fans aufeinander. Nur durch deren aufeinander bezogenes Verhalten, sogenanntes „korreliertes“ Verhalten, breitet sich eine La-Ola-Welle überhaupt aus. Berücksichtigt man die äußeren Einflüsse ausreichend und findet eine passende Beschreibung der Wechselwirkungen der Zuschauer, erkennt man, wie eine La-Ola entsteht und kann sie bestenfalls sogar vorhersagen.

Prof. Georges‘ Modelle bilden eine solche Beschreibung für die Eigenschaften verschiedener Materialien mit stark korrelierten Elektronen. Seine Forschung liefert zudem wichtige Beiträge an der Schnittstelle von theoretischer Festkörperphysik und den Materialwissenschaften: Neue Materialien mit korrelierten Elektronen könnten zum Beispiel in Sensoren und Schaltern oder in neuartigen elektronischen Bauelementen Anwendung finden.

Innovative Zusammenarbeit zur technologischen Weiterentwicklung

Eine besondere Materialeigenschaft, die zum Beispiel in unvorstellbar schnellen Computerchips, neuen Formen von Stromspeichern oder verlustfreien Stromnetzen Anwendung finden könnte, ist die Hochtemperatur-Supraleitung. Supraleitung bedeutet, dass ein Stoff verlustfrei – das heißt ohne elektrischen Widerstand – Strom leitet. Bisher tritt dieser Effekt nur bei sehr niedrigen Temperaturen von ca. -250 bis -140°C auf. Gemeinsam mit drei Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Gebieten, darunter Prof. Cavalleri, möchte Prof. Georges Supraleitung bei höheren Temperaturen erreichen – möglicherweise sogar bei Zimmertemperatur. Das Projekt wird seit 2012 durch den Europäischen Forschungsrat gefördert.

Auszeichnung verbindet Forschung und Lehre

Mit dem „Hamburger Preis für Theoretische Physik“ ist ein Forschungs- und Lehraufenthalt an der Universität Hamburg verbunden. „Wir freuen uns sehr auf Antoine Georges‘ Besuch am CUI. Neben seinen Arbeiten auf dem Gebiet der Supraleitung liefern seine Modelle zu Korrelationen in Festkörpern viele weitere Anknüpfungspunkte für gemeinsame Forschung in Hamburg, zum Beispiel auf dem Gebiet der ultrakalten Gase“, so Prof. Dr. Klaus Sengstock, Vorsitzender der Jury und Co-Sprecher des CUI. „Besonders werden auch die Hamburger Studierenden von Prof. Georges‘ Lehrveranstaltungen profitieren. Seine Vorlesungen am College de France sind hervorragend.

Der Hamburger Preis für theoretische Physik wurde im Jahr 2010 durch den von der Joachim Herz Stiftung geförderten Landesexzellenzcluster „Frontiers in Quantum Photon Science” ins Leben gerufen und wird nun von der Stiftung in Kooperation mit dem Bundesexzellenzcluster CUI der Universität Hamburg fortgeführt.

Verliehen wird der mit 40.000 € dotierte Preis im Rahmen des diesjährigen wissenschaftlichen Kolloquiums des Bundesexzellenzclusters CUI, das vom 12. bis 14. November 2014 auf dem Forschungscampus Hamburg-Bahrenfeld stattfindet.

 

Zur Erklärung: Supraleitung – freie Fahrt für Elektronen

Normale elektrische Leitung und Supraleitung kann man mit dem Straßenverkehr vergleichen: Fahren alle Autos ihr eigenes Tempo, behindern sie sich zum Teil gegenseitig. Einen solchen elektrischen Widerstand gibt es auch bei leitenden Materialen, in denen der Strom nicht ungebremst fließen kann. Sind dagegen alle Autos miteinander zu einem Zug verbunden, können sie mit der gleichen Geschwindigkeit fahren. Sie kommen ohne Behinderung oder gar Stau deutlich schneller und sparsamer zum Ziel. Supraleitung macht das in Materialien möglich: Die Elektronen sind dann stark korreliert und fließen ohne Hindernis.