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Leibniz-Preis für Henry Chapman

CUI-Forscher Prof. Henry Chapman (Universität Hamburg, DESY) wird mit einem der begehrten Gottfried Wilhelm Leibniz-Preise 2015 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ausgezeichnet, wie die DFG am heutigen Mittwoch in Bonn bekannt gab. Der wichtigste Forschungsförderpreis in Deutschland ehrt herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Chapman.DESY

Foto: DESY

Henry Chapman erhält den mit 2,5 Millionen Euro dotierten Preis für seine Pionierarbeiten in der Entwicklung der sogenannten seriellen Femtosekunden-Kristallografie. Sie ermöglicht, mit Hilfe von Röntgenlasern die Struktur komplizierter Biomoleküle in ihrer natürlichen Umgebung atomgenau zu entschlüsseln.

Die atomare Struktur von Biomolekülen hat elementaren Einfluss auf ihre Funktion im biologischen System. Deshalb unternehmen Wissenschaftler große Anstrengungen, um diese Strukturen zu entschlüsseln, um beispielsweise Ansätze für neue Medikamente zu finden. Hierbei spielt die Kristallografie eine zentrale Rolle: Beleuchtet man Kristalle mit Röntgenlicht, streuen sie dieses in charakteristischer Weise. Aus diesem Streubild lässt sich die Struktur der Bausteine des Kristalls berechnen – bei einem Kristall aus Biomolekülen also die Struktur dieser Moleküle.

Häufig erfolgt diese Strukturanalyse mit dem intensiven Röntgenlicht großer Synchrotronstrahlungsquellen wie PETRA III bei DESY. So ist es inzwischen gelungen, die Struktur von etwa 85 000 Proteinen aufzuklären. Für die Untersuchung an konventionellen Synchrotronquellen müssen die Moleküle allerdings zu regelmäßigen Kristallen zusammengefasst werden, um ein ausreichend intensives Streubild zur Strukturberechnung zu erhalten. Dieser Prozess ist häufig sehr aufwendig, teilweise unmöglich, zudem reißt die Kristallisation das Biomolekül aus seiner natürlichen Umgebung.

Neuartige Freie-Elektronen-Röntgenlaser wie der in Bau befindliche European XFEL produzieren Röntgenblitze von bis dahin nie erreichter Helligkeit und Kürze. Ihre Lichtblitze, die nur einige millionstel Teile einer milliardstel Sekunde lang sind, sind gleichzeitig milliardenfach heller als bisherige Lichtquellen. Das eröffnet Forschern die Möglichkeit, die atomare Struktur komplizierter Moleküle mit winzigen Nanokristallen, in Zukunft voraussichtlich völlig ohne Kristallisation, zu erkennen. Diese nur milliardstel bis millionstel Meter großen Kristalle sind wesentlich leichter herzustellen als ihre größeren Artgenossen. In der seriellen Femtosekunden-Kristallografie wird ein Strahl dieser kleinen Kristalle mit dem Licht des Röntgenlasers gekreuzt, und daraus hunderttausende Streubilder aufgenommen. Aus dieser Reihe einzelner Röntgenlaseraufnahmen lässt sich dann die Gesamtstruktur berechnen.

Henry Chapman ist der Pionier in der Entwicklung dieser Untersuchungsmethode, die speziell auf Freie-Elektronen-Laser zugeschnitten ist. Er hat mit dieser Methode unter anderem die Struktur des Enzyms Cathepsin B aufgelöst, das ein vielversprechender Ansatzpunkt für ein Medikament gegen Schlafkrankheit ist. Die Arbeit zählte das Wissenschaftsmagazin „Science“ zu den zehn wichtigsten Entdeckungen des Jahres 2012. Zusammen mit Chapmans Nachweis, dass man mit Röntgenlasern das Streubild eines Moleküls auffangen kann, bevor dieses durch den intensiven Lichtblitz zerstört wird, ist die Voraussetzung geschaffen, Proben zumindest annähernd in ihrem natürlichen Zustand zu untersuchen und so belastbare Aussagen über die Struktur und Funktion der etwa 100 000 bisher noch nicht entschlüsselten Biomoleküle zu machen.

Pressemitteilung Universität Hamburg