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Kick-out bei Nanokristallen

Mit Hilfe eines hochauflösenden Elektronenmikroskops ist es einer Gruppe von CUI-Forscherinnen und -Forschern um Prof. Horst Weller (Universität Hamburg) gelungen, Ionenaustauschprozesse in Nanokristallen zu beobachten. Im Fachmagazin Angewandte Chemie berichtet das Team über seine Untersuchungen, die insbesondere für die gezielte Entwicklung von Nanomaterialien für die Medizintechnik und die Optoelektronik von Bedeutung sind.

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Die Aufnahme des Elekronenmikroskops zeigt, wie sich das “Innere” des Kristalls während des Austauschs verändert. Foto: Weller/Kornowski, Universität Hamburg; Wiley

Jüngste Entwicklungen in der Nanokristallsynthese ermöglichen die Herstellung einer Vielzahl technisch relevanter Materialien. „Trotz dieser Erfolge gibt es Formen und Materialkombinationen, die nicht direkt hergestellt werden können“, sagt CUI-Professor Holger Lange (Universität Hamburg). „Das betrifft insbesondere definierte Nanokristalle mit einer Lumineszenz im Bereich des biologischen Fensters“, so der am Projekt beteiligte Wissenschaftler weiter. Im Nah-Infrarot-Bereich ist Gewebe fast transparent, so dass luminiszierende Nanokristalle als Marker im Gewebe gut verfolgt werden können – etwa auf dem Weg zu einem Tumor. Das Interesse an diesen Nanokristallen ist daher groß.

Eine gängige Methode zur Herstellung solch diffiziler Materialkombinationen ist es, die Materialeigenschaften mit Hilfe eines Ionenaustauschprozesses zu ändern. Bei Nanokristallen etwa nutzen Wissenschaftler den Kationenaustausch, um die Lumineszenz zu beeinflussen, ohne die Form zu ändern.

Horst Weller: „Obwohl dieser Prozess oft verwendet wird, ist er noch nicht verstanden. Wieso können zum Beispiel Ionenaustauschprozesse in Nanokristallen unter Erhaltung von Form und Größe erfolgen, und wieso ist der Ionentransport viel schneller, als man es von klassischen Interdiffusionsprozessen in makrokristallinen Festkörpern erwarten würde?“

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben diese Prozesse nun auf der molekularen Skala verfolgt. Mit Hilfe eines hochauflösenden Elektronenmikroskops und kinetischer Untersuchungen beobachteten sie spezielle Modellreaktionen und stellten fest, dass der Diffusionsprozess ausschließlich über Zwischengitterplätze erfolgt. Es folgt ein “Kick-out”, bei dem einzelne Ionen von Gitterplätzen verdrängt werden, ohne dass es zur Bildung von Leerstellen kommt. Weller: „Wir freuen uns sehr über diese Beobachtung, da dieser grundlegende Prozess für nanokristalline Systeme bisher noch nicht diskutiert wurde.“

 

Originalarbeit:
Bothe C., Kornowski A., Tornatzky H., Schmidtke Ch., Lange H., Maultzsch J. and Weller H.
Festkörperchemie auf der Nanoskala: Ionentransport über Zwischengitterplätze oder Leerstellen?
Angewandte Chemie, Volume 127, Issue 47, pages 14389–14393 (2015)
DOI: 10.1002/ange.201507263