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Bundesforschungsministerium bewilligt zwei Millionen Euro für Erforschung von Biomolekülen

Hamburg nimmt Führungsposition in zeitaufgelöster Strukturbiologie ein

Für ein Verbundforschungsprojekt an der Röntgenlichtquelle PETRA III des Forschungszentrums DESY erhält die Universität Hamburg rund zwei Millionen Euro vom Bundesforschungsministerium (BMBF).  Beteiligt an dem Projekt mit dem Titel „Hadamard-Kristallographie als Methode zur zeitaufgelösten Untersuchung der Strukturdynamik von Biomolekülen“ sind Wissenschaftlerteams des Exzellenzclusters „The Hamburg Centre for Ultrafast Imaging“ (CUI) der Universität Hamburg, des European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Hamburg und von DESY. Die Laufzeit der Förderung beträgt drei Jahre.

„Das ist ein großer Erfolg für unsere Forschung“, sagt CUI-Professorin Arwen Pearson. „Die Förderung versetzt uns in Hamburg in die Lage, in den nächsten Jahren die führende Stelle für zeitaufgelöste Strukturbiologie einzunehmen. Durch die einzigartige Kombination erfahrener Gruppen in den Bereichen zeitaufgelöster Röntgenwissenschaft, Probentransport und Handhabung, sowie dem Aufbau und Betrieb von Strahlführungen ergeben sich Synergien, die an kaum einem anderen Forschungsstandort weltweit existieren“, so die Leiterin des Projektes, das durch CUI-Kooperationen angestoßen wurde. Außerdem beteiligt sind die Arbeitsgruppen von Prof. Nils Huse (CUI, Universität Hamburg), Dr. Thomas Schneider (EMBL Hamburg), Prof. Henry Chapman (CUI, DESY, Universität Hamburg), Prof. Christian Betzel (CUI, Universität Hamburg) und Prof. Martin Trebbin (CUI, Universität Hamburg).

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Zeitaufgelöste Kristallographie am Speicherring PETRA III macht durch neuartigen Probentransport und intelligente Röntgenpulsfolgen die Abläufe in unseren Eiweißen in Echtzeit sichtbar. Illustration: Jörg Harms, MPSD

Bei der Hadamard-Kristallographie wird in einer Probe eine Reaktion angestoßen und anschließend mit einer Abfolge von Röntgenpulsen untersucht. Aus diesen Pulsen ergibt sich ein einzelnes kristallographisches Bild – in etwa wie bei einer lang belichteten Fotografie. Das Experiment wird mit einer anderen Lichtpuls-Zeitstruktur wiederholt, so dass jeweils ein anderes kristallographisches Bild entsteht. Obwohl jedes dieser Bilder verschwommen wirkt, lässt sich aus den Unterschieden in den Bildern und der Pulsabfolge ein Film gewinnen, der zeigt, wie sich die Struktur im Molekül verändert.

Mit den Fördergeldern sollen zwei bestehende Strahlführungen an PETRA III erweitert werden: Die DESY-Strahlführung P11, die bereits für zeitaufgelöste Experimente in Spektroskopie und Diffraktion genutzt wird, erhält ein weiteres Spiegelsystem. Die Einrichtung einer zweiten Experimentierstation an dieser Strahlführung macht zeitaufwändige Umbauten überflüssig und erleichtert die Durchführung dieser Experimente. Des Weiteren wird hinter der Experimentierstation an der EMBL-Strahlführung P14 eine neue End-Station mit einem Lasersystem, neuer Optik, Hadamard kodierter Blende und Detektoren entstehen. Der 10 x 10 Mikrometer große Strahl produziert 10 Milliarden Photonen pro Millisekunde und ist ideal geeignet für die Hadamard-Datensammlung. Die Forscherteams erhalten damit einen dedizierten Messplatz für zeitaufgelöste Strukturbiologie.

Modularer Ansatz: Auch FELs profitieren

Die im Projekt geförderte Forschung umfasst die zeitaufgelöste Strukturbiologie, Biophysik, Mikrofluidik und dynamische Lichtstreuung. Das Projekt ist zwar an der Speicherring-Röntgenquelle PETRA III angesiedelt, gleichzeitig streben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aber auch Experimente an, von deren Ergebnissen Freie-Elektronen-Laser (FEL) profitieren werden. Ein modularer Ansatz ermöglicht es, die innerhalb des Projektes erprobten optimierten Designs direkt auf die geplanten Experimente am European XFEL  zu übertragen, der gerade in der Metropolregion gebaut wird.  Beide Systeme können sich so ergänzen: Die Strahlkraft und Schnelligkeit des Europäischen XFEL ermöglichen den direkten Blick auf ultraschnelle chemische Prozesse; die korrespondierenden makromolekularen biologischen Prozesse passieren im vergleichsweise langsamen Nano- und Millisekunden-Bereich. Für ihre Untersuchung ist die Synchrotronlichtquelle PETRA III ideal.

Chapman:  „Die wissenschaftlichen Erfolgsaussichten unseres Projekts sind hervorragend. Wir entwickeln völlig neue Forschungsmethoden, mit denen wir die besten Röntgenlichtquellen der Welt, die wir hier in Hamburg haben, optimal auszunutzen. Dazu gehören die von Arwen Pearsons Gruppe entwickelte Hadamard-Röntgenkristallographie sowie neuartige Flüssigkeitsjets, mit denen sich Proteinkristalle sehr schnell in den Röntgenstrahl führen lassen. In Kombination mit den neuen Endstationen und sehr leistungsstarken neuen Computeranwendungen eröffnen sich eine Vielzahl von Forschungsansätzen in den Lebenswissenschaften, die bislang nicht möglich waren.“