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Ein einzelnes Ion kontrolliert den Tunneleffekt

Der Tunneleffekt ist eines der seltsamsten Phänomene in der Quantenmechanik: Auch wenn ein quantenmechanisches Teilchen zu wenig  kinetische Energie besitzt, um eine Potentialbarriere zu überwinden, kann es trotzdem immer noch durch die Barriere hindurchtunneln. CUI-Doktorand Johannes M. Schurer aus der Arbeitsgruppe von  Prof. Peter Schmelcher (Universität Hamburg) hat in Kooperation mit dem Experimentator Dr. Rene Gerritsma von der Universität Amsterdam die Tunneldynamik eines atomaren Josephson-Kontakts, der durch ein Ion kontrolliert wird, theoretisch untersucht. Ein solches System könnte in der Zukunft als Baustein eines Festkörper-Quantensimulators verwendet werden. Die Resultate der Forscher wurden im Journal Physical Review A veröffentlicht; das Manuskript wurde darüber hinaus als Editor’s Suggestion ausgewählt.

Tunneleffekt

Die Illustration zeigt einen bosonischen Josephson-Kontakt, der durch ein einzelnes Ion kontrolliert wird: In Abhängigkeit vom Spin-Zustand des Ions können die Atome entweder hindurchtunneln (links) oder sie sind „selbst gefangen“ (rechts). Grafik: Johannes Schurer, APS

Der Tunneleffekt ist eine direkte Folge des Wellenverhaltens von Teilchen auf atomarer Skala. Diese Wellennatur bekommt in dem Moment eine entscheidende Bedeutung, wenn die Teilchen bis nahe an den absoluten Temperaturnullpunkt gekühlt werden und damit ihre sogenannte de-Broglie Wellenlänge vergleichbar wird mit ihrer Größe.

Der Tunneleffekt lässt sich in einem Josephson-Kontakt auf der makroskopischen Längenskala beobachten und zählt dadurch zu einem der auffälligsten Quanteneffekte. Er wurde bereits in Supraleitern, in supraflüssigem Helium und in ultrakalten atomaren Gasen erforscht. In letzteren Systemen spielt die Wechselwirkung zwischen den Teilchen eine wichtige Rolle, da sie zum Phänomen des „sich selbst Fangens“ führen kann, bei der die Wechselwirkung zwischen den Teilchen das Tunneln durch die Barriere verhindert.

Der Teilchenstrom durch die Barriere kann jedoch mit Hilfe der Wechselwirkung zwischen den Atomen eines Quantengases und einem Ion kontrolliert werden. In seiner Arbeit analysierte Schurer die korrelierte Dynamik eines solchen kombinierten Hybridsystems, in dem die Atome in einer Art Doppel-Topf gefangen sind, vergleichbar mit einer Isolator-Barriere für Elektronen in einem supraleitenden Material. „Zwar kann man die Dynamik im ’sich-selbst-Fangen‘-Regime gut beschreiben, wenn man annimmt, dass sich alle Atome im gleichen Quantenzustand befinden. Jedoch im Tunnelregime weist das System eine reiche korrelierte Dynamik auf“, erklärt Schurer.

Der Wissenschaftler konnte nun erfolgreich verifizieren, dass es trotz solcher Korrelationen möglich ist, über ein Protokoll, das ursprünglich von Gerritsma und Dr. Antonio Negretti von der Universität Hamburg vorgeschlagen worden war, einen sogenannten verschränkten Zustand zwischen dem Ion und dem Quantengas zu generieren. Auf der mesoskopischen Skale entspricht  dies einem Schrödinger-Katzenzustand. Schmelcher: „Es ist von großer Bedeutung, dass Johannes Schurer eine praktikable Strategie entwickelt hat, experimentell Korrelationen in diesem System zu messen, denn er macht damit den Weg frei, im Labor Effekte zu beobachten, die über die Meanfieldbeschreibung hinaus gehen.’’

 

Originalpublikation:

J. M. Schurer, R. Gerritsma, P. Schmelcher, and A. Negretti
„Impact of many-body correlations on the dynamics of an ion-controlled bosonic Josephson junction“
Physical Review A 93, 063602 (2016), Editors Suggestion
DOI: 10.1103/PhysRevA.93.063602