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Doppelblitz-Technik bildet Nanosekunden-Bewegungen von Nanopartikeln ab

Ein Team aus Wissenschaftlern von DESY, der Advanced Photon Source APS und dem Beschleunigerzentrum SLAC, beide in den USA, haben eine neue Methode zur Beobachtung ultraschneller Bewegungen von nanoskopisch kleinen Systemen entwickelt und zur Anwendung gebracht.

Mit dem Licht des Röntgenlasers LCLS im Forschungszentrum SLAC in Kalifornien nahmen die Forscher Bilder der Bewegungen von Nanopartikeln auf, die nur eine Milliardstel Sekunde (0,000 000 000 001 s) dauerten. In ihren jetzt in der Zeitschrift Nature Communications veröffentlichten Experimenten überlisteten sie die heutzutage verwendeten eigentlich zu langsamen zweidimensionalen Röntgendetektoren, indem sie einzelne Laserblitze von LCLS aufspalteten, die eine Hälfte um eine Nanosekunde verzögerten und mit diesen Röntgenpulspaaren ein einziges Bild des Nanopartikels aufnahmen. Der variable Lichtteiler für harte Röntgenstrahlen, den die Wissenschaftler für diese Experimente entwickelt haben, ermöglicht es, Bewegungen im Nanometerbereich bis hinunter zu Femtosekunden und mit atomarer Auflösung aufzunehmen. Zum Vergleich: Moderne Synchrotronstrahlungslichtquellen wie PETRA III bei DESY können typischerweise Bewegungen im Millisekundenbereich messen.

Schemazeichnung der Doppelblitztechnik: Die ultrakurzen Blitze des Röntgenlasers werden in einem bei DESY entwickelten Autokorrelator in zwei gleich helle Blitze geteilt, die mit verschiedener Verzögerung auf die Probe treffen und gemeinsam ein Speckle-Bild erzeugen. Bild: W. Roseker/DESY.

Die intensiven Lichtblitze von Röntgenlasern sind kohärent, d.h. die Wellen des monochromatischen Laserlichts breiten sich in Phase zueinander aus. Die Beugung von kohärentem Licht durch eine Probe führt in der Regel zu einem Beugungsmuster mit scheinbar zufällig angeordneten Lichtflecken, einem sogenannten Speckle-Muster. Dieses Speckle ist aber tatsächlich ein Abbild der Probenanordnung, und Bewegungen der Probenbestandteile führen zu einer Änderung des Speckle-Musters.

Trick mit Subpulsen

Für ihre Experimente entwickelten die Forscher einen speziellen optischen Aufbau – einen so genannten optischen Autokorrelator -, der die rund 100 Femtosekunden langen XFEL-Pulse in zwei Subpulse aufspaltet, sie in getrennte Umwege umleitet und ihre Wege mit einer einstellbaren Zeitverzögerung zwischen null und wenigen Nanosekunden neu kombiniert. Diese Paare von XFEL-Pulsen treffen mit der eingestellten Verzögerung auf die Probe und bilden ihre Struktur zu den beiden Belichtungszeiten ab. Die Summe der beiden Speckle-Bilder wurde mit einem zweidimensionalen Photonendetektor in einem einzigen Bild aufgenommen. Der Trick: Bewegen sich die Bestandteile der Probe zwischen den beiden Durchleuchtungen, ändert sich das Speckle-Muster, was zu einem integrierten Bild mit geringerem Kontrast am Detektor führt. Der Kontrast der Aufnahme ist ein Maß dafür, wie stark die Photonenintensität auf dem Detektor variiert. Die Intensität und insbesondere die am Detektor gemessene Intensitätsdifferenz sind jedoch sehr gering: In ihren Experimenten mussten die Forscher mit nur etwa 1000 detektierten Photonen auf dem 1-Million-Pixel-Detektor auskommen.

„Solche Experimente wurden bereits für deutlich langsamere Bewegungen von Nanopartikeln an Speicherringlichtquellen durchgeführt“, erklärt Erstautor Wojciech Roseker von DESY. „Doch die hohe Kohärenz und Intensität des Röntgenlaserlichts bei XFELs eröffnen jetzt die Möglichkeit, Bilder mit aussagekräftigen Informationen über schnelle Bewegungen im Nanosekunden- bis Femtosekundenbereich zu bekommen.“

Erstes erfolgreiches Experiment dieser Art

In ihrer Arbeit verwendeten die Forscher um Roseker als Probe eine Suspension von zwei Nanometer großen Goldpartikeln, die sich in Brownscher Bewegung befanden. Eine der Herausforderungen bei diesem Experiment, das an der XCS-Experimentierstation am LCLS durchgeführt wurde, war die Autokorrelation tausender extrem schwacher 2D-Doppelbilder, die mit Hilfe einer neu entwickelten Maximum-Likelihood-Analysetechnik erreicht wurde. Die Ergebnisse der Experimente stimmten perfekt mit den theoretischen Berechnungen überein. Damit war im ersten erfolgreichen Experiment dieser Art nicht nur die Leistungsfähigkeit des Autokorrelator-Experiments bewiesen, sondern auch die Validität des Datenanalyseverfahrens.

„Dieses Experiment eröffnet die Möglichkeit für Dynamik-Experimente von Materialien auf atomaren Längen- und Femtosekunden-Nanosekunden-Zeitskalen“, erklärt Gerhard Grübel, Leiter der DESY FS-CXS-Gruppe und Mitglied bei CUI. „Die Split-Pulse X-ray Photon Correlation Spektroscopy (XPCS) kann auf atomarer Skala Bewegungen in flüssigen Metallen, Multiskalendynamik in Wasser, heterogene Dynamik über den Glasübergang und atomare Oberflächenfluktuationen verfolgen.“ Darüber hinaus ist der Zeitbereich XPCS an FEL-Quellen, insbesondere am European XFEL, ideal, um Bewegungen in Nicht-Gleichgewichtsprozessen zu untersuchen, die über zeitgemittelte Strukturbeschreibungen hinausgehen. Das ermöglicht die Aufklärung der Dynamik von ultraschnellen Magnetisierungsprozessen und kann offene Fragen zur lichtinduzierten Gitterschwingungen in Festkörpern und zu Phasenübergängen beantworten. Text: DESY

Originalveröffentlichung:

W. Roseker, S.O. Hruszkewycz, F. Lehmkühler, M. Walther, H. Schulte-Schrepping, S. Lee, T. Osaka, L. Strüder, R. Hartmann, M. Sikorski, S. Song, A. Robert, P.H. Fuoss, M. Sutton, G.B. Stephenson, G. Grübel
”Towards ultrafast dynamics with split-pulse X-ray photon correlation spectroscopy at free electron laser sources”
Nature Communications (2018)
DOI: 10.1038/s41467-018-04178-9