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Neue Messmethode für topologische Quantensysteme

Forscher der Universität Hamburg haben eine neue Methode demonstriert, um den topologischen Index eines Systems zu messen. Dieser Index beschreibt die topologische Natur von Materialien und beeinflusst bestimmte Eigenschaften wie zum Beispiel die Leitfähigkeit. Die Wissenschaftler berichten jetzt im Fachmagazin „Nature Physics“ über ihre Erkenntnisse, die zu wichtigen Anwendungen in der Metrologie und für zukünftige Quantencomputer führen könnten.

Für ihre Experimente nutzen die Wissenschaftler ultrakalte Atome in optischen Gittern aus stehenden Lichtwellen. Wenn diese zusätzlich zirkular geschüttelt werden, lässt sich aus den gemessenen Anregungsraten die Topologie bestimmen. Illustration: UHH, AG Sengstock

Unter den Zweigen der Mathematik beschreibt die Geometrie die lokalen Eigenschaften von Formen wie Abstände, Winkel oder Krümmungen, während die Topologie die Formen nach ihren globalen Eigenschaften klassifiziert. Dabei geht es um die Frage, ob eine Form kontinuierlich ohne Schneiden und Kleben in eine andere Form überführt werden kann. Die Anzahl der Löcher in einer Fläche kann sich z.B. bei kontinuierlicher Verformung nicht ändern.

Geometrie und Topologie spielen auch bei Quantenzuständen eine Rolle, da sie bestimmte Zustände charakterisieren.  Besonders wichtig sind dabei topologische Indices: Analog zur Anzahl der Löcher in einer Fläche, die nur ganzzahlige Werte annehmen können, beschreiben diese ganzen Zahlen die Topologie des Systems. Ein bekanntes Beispiel sind Quanten-Hall Systeme, bei denen die Leitfähigkeit ganzzahlige Werte annimmt, weil sie durch den topologischen Index gegeben ist.

Das experimentelle Team um Prof. Klaus Sengstock und Dr. Christof Weitenberg vom Exzellenzcluster „Advanced Imaging of Matter“ hat nun ein neues Schema demonstriert, um einen topologischen Index zu messen. Die Arbeit erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Theorie-Team um Dr. Nathan Goldman von der Freien Universität Brüssel, das den theoretischen Hintergrund beisteuerte.

Für ihre Experimente nutzen die Wissenschaftler ultrakalte Atome in optischen Gittern aus stehenden Lichtwellen. Diese Atome verhalten sich wie die Elektronen in einem Festkörper-Kristall und können daher die Phänomene der Festkörperphysik nachstellen. Die Forscher induzieren die topologischen Eigenschaften durch ein periodisches Schütteln des Systems – ein Schema das andere Hamburger Forscher nutzen, um Topologie in Graphen-Monolagen mit Hilfe von Laserlicht zu induzieren. Dadurch wechselt der Index von 0 zu 1 oder -1. Für das Messschema, schütteln die Forscher das System zusätzlich und beobachten dann wie schnell sich das System aufheizt. Aus diesen Anregungsraten können die Forscher den topologischen Index des Systems ablesen.

Weitenberg erläutert: „Das ist ein vielversprechendes Ergebnis. Es könnte uns helfen, auch neue topologische Materiezuständen nachzuweisen, die wir zunächst mit ultrakalten Atomen realisieren. Die Methode ist aber auch auf echte Materialien anwendbar.“ Text: CUI

Originalveröffentlichung:
L. Asteria et al.
„Measuring quantized circular dichroism in ultracold topological matter“
Nature Physics, Advance Online Publication (2019)
DOI 10.1038/s41567-019-0417-8

Weitere Informationen
D. T. Tran et al., Sci. Adv. 3, e1701207 (2017)
J. W. McIver et al. arxiv:1811.03522 (2018)