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Materiewellen lernen neue Tricks: Magnete aus ultrakalten Atomen

Magnete faszinieren die Menschheit schon seit Jahrtausenden. Gemeinsam mit weiteren Kollegen haben CUI-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ergebnisse einer Studie in der November Ausgabe von Nature Physics veröffentlicht; die Computersimulation ziert das Cover des wissenschaftlichen Magazins.largecover

Von den alten Griechen bis hin zu den Forschern der Moderne, die den Siegeszug der Quantenmechanik miterlebt hatten, – alle haben über Magnete sinniert und gebrütet. Magnete sind nicht nur ein Rätsel der Natur, sondern heutzutage auch ein Grundbaustein der modernen Technik: von Festplatten über medizinische Instrumente bis hin zum Transportwesen spielt der Magnetismus eine essentielle Rolle.

Ein Team von Wissenschaftlern unter der Leitung von Prof. Klaus Sengstock und Prof. Ludwig Mathey vom Institut für Laserphysik der Universität Hamburg hat sich nun zusammen mit Wissenschaftlern aus Dresden, Innsbruck und Barcelona mit einer neuartigen Methode an das Mysterium Magnetismus herangewagt: In einem bisher einzigartigem Experiment, das es auf die Titelseite der Novemberausgabe von Nature Physics geschafft hat, wurden Quantenmateriewellen aus Rubidiumatomen so manipuliert, dass sie sich wie Magnete verhalten. Unter wohldefinierten Bedingungen können solche künstlich erschaffene Magnete bis ins letzte Detail ausgelotet werden, um neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Quantenmateriewellen – hier in Form eines Kondensats aus Rubidiumatomen – sind schon für sich allein faszinierend und basieren auf einem von Einstein und Bose 1924 prophezeiten Quanteneffekt. Dieser Effekt, ein sogenanntes Bose-Einstein Kondensat, wurde zum ersten Mal 1995 in einem wegweisenden Experiment beobachtet, das 2001 den Nobelpreis für Physik „erntete“.

Das Hamburger Forscherteam hat diese Erkenntnisse weiter ausgebaut, indem es die Atome mit Hilfe von Infrarot-Lasern auf Dreiecksbahnen brachte. Das hat den Effekt, dass sich die Quantenmateriewellen wie Magnete verhalten, ähnlich den Magneten mit denen man Zettelchen an Kühlschränke haftet. Apropos kühl: Die Atome sind etwa eine Milliarde Mal kälter als der Weltraum.

„Das war eine experimentelle Herausforderung“, sagt Julian Struck, Erstautor der Veröffentlichung. „Damit die Atome sich auf den richtigen Bahnen bewegen, müssen die Laserstrahlen perfekt stabilisiert sein, ansonsten bewegen sie sich völlig chaotisch.“

Ein neuartiges Experiment an der Universität Hamburg verwendet Materiewellen, um Magnete besser zu verstehen. Magnete sind aus Elementarmagneten aufgebaut, die entweder nach Norden (rot) oder Süden (blau) zeigen können, wie in dieser Computersimulation gezeigt.

Ein neuartiges Experiment an der Universität Hamburg verwendet Materiewellen, um Magnete besser zu verstehen. Magnete sind aus Elementarmagneten aufgebaut, die entweder nach Norden (rot) oder Süden (blau) zeigen können, wie in dieser Computersimulation gezeigt.

Wenn Materiewellen im Uhrzeigersinn um ein bestimmtes Dreieck fließen (siehe Illustration), laufen sie bei den benachbarten Dreiecken gegen den Uhrzeigersinn. Es geht natürlich auch andersherum: gegen den Uhrzeigersinn an einem Dreieck, mit dem Uhrzeigersinn bei den Nachbarsdreiecken. Diese zwei Flussrichtungen entsprechen den Ausrichtungen Nord und Süd bei herkömmlichen Magneten. Magnete gleicher Ausrichtung gruppieren sich zusammen und bilden sogenannte Bezirke, die miteinander im Wettbewerb stehen, dargestellt in rot und blau in der Illustration.

Der Theoretiker Robert Höppner erklärt: „Wir mussten das Rechenzentrum am Forschungszentrum Jülich benutzen, um das Experiment simulieren zu können. Ansonsten hätten wir ein so komplexes Problem nicht bewältigen können. Erst als wir das Verhalten der Dreiecksmagnete in der atomaren Kondensatwolke simuliert hatten, konnten wir die Struktur der Bezirke und deren Verhalten unter Einfluss von Magnetfeldern sichtbar machen.“

Die Ergebnisse dieses Projekts wurden in der Novemberausgabe von Nature Physics veröffentlicht. Eine Illustration der magnetische Bezirke ist auf dem Titelblatt zu sehen.

Dieses Forschungsprojekt wurde unterstützt von: Deutsche Forschungsgemeinschaft (GRK1355, SFB925), The Hamburg Center for Ultrafast Imaging (CUI), Landesexzellenzinitiative Hamburg (unterstützt durch die Joachim Herz Stiftung), ERC-AdG QUAGATUA, AAII-Hubbard, spanisches Ministerium für Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit (FIS2008-00784), Catalunya-Caixa, Österreichischer Fond zur Förderung der Wissenschaften (SFB F40 FOQUS), DARPA OLE Programm und John von Neumann-Institut für Computing (NIC).

REFERENZ:

J.Struck, M.Weinberg, C.Ölschläger, P.Windpassinger, J.Simonet, K.Sengstock, R.Höppner, P.Hauke, A.Eckardt, M.Lewenstein & L.Mathey, „Engineering Ising-XY spin-models in a triangular lattice using tunable artificial gauge fields.“ Nature Physics (2013) DOI: 10.1038/nphys2750