Hauptmenü anzeigen Hauptmenü ausblenden

Vermittlerin zwischen Theorie und Experiment

Für Mildred Dresselhaus Preisträgerin Prof. Tamar Seideman hat Vielfalt einen hohen Stellenwert

„Ich schätze es sehr, dass ich durch die Wissenschaft einen Beitrag für die Gesellschaft leisten kann”,  sagt Dr. Tamar Seideman, Professorin der Chemie und Professorin der Physik an der Northwestern University in Evanston, USA, bei einem ihrer Besuche am CUI. Dabei geht es der Mildred Dresselhaus Preisträgerin 2013 um zweierlei: zum einen um ihre unmittelbare Forschung an den Schnittstellen von Physik, Chemie und Materialwissenschaften, insbesondere auch im Bereich der Nanotechnologie; zum anderen aber auch um ihre Rolle als Vorbild für junge Frauen, die eine Karriere in den Naturwissenschaften anstreben.

DSCF4466.Klein Tamar Seideman selbst hatte kein solches Vorbild. „Die Situation in Israel  war in den späten 70er und 80er Jahren sehr entmutigend“, beschreibt die Wissenschaftlerin die Anfänge ihrer Karriere. Dennoch war ihr Enthusiasmus für die Naturwissenschaften schon damals sehr groß

Tamar Seideman ist in Israel aufgewachsen, zunächst  in einem Kibbuz, später bei Tel Aviv. Ein Internataufenthalt in England sollte ihrem Leben eine entscheidende Richtung geben: „Ich sprach kaum Englisch, aber die Naturwissenschaften waren leicht zu lernen“, begründet sie diese erste Fokussierung. Noch während des Englandjahres zogen die Eltern nach München, so dass Tamar Seideman zunächst nicht nach Israel zurückkehrte, sondern eine internationale Schule in München besuchte. Dieser Wechsel festigte die Wahl der Naturwissenschaften: Da die verhältnismäßig kleine Schule ihr keine A-level Kurse in Geschichte anbieten konnte, entschied sie sich wieder für Chemie  – und hat diesen Schritt nie bereut. Bei der Wahl des Studienfaches standen Mathematik, Philosophie, Musik und Chemie zur Wahl – und wieder machte Chemie das Rennen. „Chemie bot mir eine große Vielfalt“, sagt Tamar Seideman heute, „aber erst Jahre später habe ich erkannt, dass Vielfalt generell ein wichtiges Auswahlkriterium ist.“

Es folgten Master und PhD am Weizmann Institut in Israel, zwei Postdoc-Jahre in Berkeley und ein weiteres Jahr als Principal Investigator am NASA Ames Research Center (USA) – bis sie aus Visumsgründen gezwungen war, die USA zu verlassen. Profiteur dieser Politik war das National Research Council of Canada in Ottawa, dem Tamar Seideman von 1993 bis 2003 angehörte. Erst danach kehrte sie in die USA zurück und wurde Professorin an der Northwestern University in Evanston.

Heute sieht sich Tamar Seideman als „citizen of the world“, als globale Bürgerin mit großer Wertschätzung für Vielfalt. In ihrer Forschungsgruppe arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Russland, China, Indien, England und Deutschland. Vielfalt gelte jedoch auch für das Geschlecht: „Wir können es uns nicht erlauben, die Hälfte der Bevölkerung für die Wissenschaft zu verlieren. Es ist daher sehr wichtig, junge Frauen zu ermuntern – allerdings ohne die Männer zu diskriminieren.“ Und genau das sieht sie als eine ihrer Pflichten an und schätzt es daher sehr, immer wieder als Ansprechpartnerin für junge Wissenschaftlerinnen eingeladen zu werden – ein Aspekt, der auch Teil des Mildred Dresselhaus Programms ist.

Das Programm ist Teil eines ambitionierten Aktionsplans: Jedes Jahr wird CUI zwei führende Wissenschaftlerinnen nach Hamburg holen, um neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu schaffen, bestehende Kontakte zu vertiefen und Vorbilder für junge Frauen in der Physik zu schaffen. Tamar Seideman ist begeistert von den technologischen Möglichkeiten am Centre for Free-Electron Laser Science (CFEL): „Ich wollte immer der Typ Theoretikerin sein, der mit den Experimentalisten sprechen kann“.