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Eine lebenslange Reise voll Mut und Enthusiasmus

Planung, Netzwerken, Bestimmung oder einfach Glück – was bestimmt eine Karriere? Prof. Elspeth Garman von der University of Oxford, UK, ist eine passionierte Wissenschaftlerin, eine Expertin im Bereich der makromolekularen Kristallografie und eine hoch engagierte Lehrerin. Sie wurde mit prestigeträchtigen Preisen ausgezeichnet – unter anderem dem Mildred Dresselhaus Award 2015. Anlässlich der Preisverleihung kam Garman nach Hamburg und sprach unter anderem über ihren Lebensweg. Kennzeichen ihrer Karriere sind Mut, Enthusiasmus und ein Quäntchen Glück.

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Prof. Elspeth Garman bei der Verleihung des Mildred Dresselhaus Preises 2015

Garman erinnert sich an eine Episode in ihrem Leben, die dramatischen Einfluss auf ihre Karriere hatte: Als sie 1987 Physik am Sommerville College in Oxford lehrte, bat Prof. Louise Johnson sie zu einem Treffen am Laboratory of Molecular Biophysics (LMB). „Ich wusste schon, dass dort jemand für die Betreuung des neuen Röntgengenerators und des elektronischen Röntgen-Detektors gesucht wurde. Trotzdem dachte ich, dass unsere Verabredung ein normales, informelles Treffen wäre“, so Garman. Ziemlich unerwartet habe dann einer der Teilnehmer merkwürdige Fragen gestellt und insbesondere Garmans Wunsch nach Teilzeitarbeit hinterfragt. Einige Tage später rief sie im LMB-Büro an, um sich nach den Bewerbungsformalitäten für die Stelle zu erkundigen – und löste damit große Verwirrung bei der Sekretärin aus. Denn: Sie hatte den Job bereits – ohne Bewerbung. Garman: „Das war totale Bestimmung oder Glück.“

Jeder in der Familie konnte Dinge reparieren

Ihr Interesse an der Physik ist jedoch tief in der Kindheit verwurzelt und wurde insbesondere durch eine Nonne der Church of England stimuliert, zu der sie heute noch Kontakt hat: „Wäre Sister Janet Chemikerin gewesen, wäre ich auch Chemikerin geworden“, sagt sie. Allerdings wurde in ihrer Familie auch erwartet, dass jeder Dinge reparieren kann; im Alter von elf Jahren baute Garman sogar ein eigenes Teleskop. „Das war einfach Teil des Lebens“, sagt die Wissenschaftlerin, die später Expertin für komplizierte Maschinen und das Codieren von Computern wurde. Zu Anfang dachten die männlichen Kollegen in Oxford noch, sie sei zu schwach, die Helium-Gaszylinder zu bewegen und die Werkstatt zu benutzen. Sie wussten sie noch nicht, dass die Kollegin in einem Wettkapmf-Team ruderte: „Als ich ihnen meine Muskeln zeigte, war alles in Ordnung.“

Ein weiterer wichtiger Teil ihres Lebens war die Zeit, die sie vor ihrem Physik-Examen als Lehrerin in Afrika verbrachte. „Meine Eltern hatten mich schon immer dazu erzogen, mich um andere zu kümmern“, erinnert sie sich. Afrika verstärkte diese Sichtweise auf das Leben noch einmal deutlich – mit bleibendem Einfluss auch auf ihre Haltung in der wissenschaftlichen Community. Garman entwickelte sich zu einer passionierten Lehrerin, die als Glück empfindet zu sehen, wie sich der Vorhang vor den Gesichtern junger Menschen hebt. Der Dank ist eine sehr große Unterstützung von unten, etwa der Preis der Studierenden für die beste Lehrerin der Oxford Medical Sciences Division.

„Sie bekommen die Hälfte meiner Zeit, aber mein gesamtes Gehirn“

Garman räumt jedoch ein, dass sie selbst einige der notwendigen Karrierelektion erst spät lernte. Als Mutter zweier leiblicher Töchter und einer Pflegetochter aus Swasiland, die sich zudem um die Pflege ihrer Schwiegermutter kümmerte, arbeitete sie 12 Jahre in Teilzeit und sagt: „Ich arbeitete voll für zwei Drittel des vollen Gehalts.“ Vor dem Hintergrund dieser Erfahrung entwickelte Garman einen „ magischen“ Satz: „Sie bekommen die Hälfte meiner Zeit, aber mein gesamtes Gehirn.“ Wird sie als Mentorin um Rat gebeten, empfiehlt sie Frauen, Dinge einfach auszuprobieren, sich aber nicht schlecht zu fühlen, wenn etwas nicht funktioniert: „Es ist sehr schwer, in den Vordergrund zu treten, weil man damit auch das Versagen riskiert. Dennoch muss man mutig sein und enthusiastisch, man muss sagen, dass man auf Konferenzen sprechen möchte und man muss sich bewerben – Bewerbungen können sehr viel bewegen.“ Ermutigt von Louise Johnson wurde sie 2002 Professorin (reader) in Oxford und bewarb sich mit der Unterstützung ihrer internationalen Kollaboratoren 2008 schließlich um den vollen Professorentitel – und bekam ihn. 2009 wurde sie für fünf Jahre von der Oxford University’s Science Division zu 50% an das Maths, Physics, & Life Sciences Division Doctoral Training Centre abgeordnet, zunächst als Direktorin des ersten Life Sciences Interface, dann für die Systems Biology Programmes. Von 2009 bis 2012 war Garman Präsidentin der British Crystallographic Association. 2016 wird sie den Fankuchen Award der American Crystallographic Association erhalten.

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Fotos: UHH, RRZ/MCC, Arvid Mentz

Erst kürzlich verfasste Garman den Eintrag über Louise Johnson für das Oxford Dictionary of National Biography – der Frau und Freundin, die so einen großen Einfluss auf ihr Leben hatte. Im Frühjahr und im Sommer wird sie mehrere Wochen in Hamburg verbringen; sie schmiedet bereits Pläne, wie sie sich für die Studentinnen und Studenten engagieren kann.

BBC radio 4: The Life Scientific

Department of Biochemistry, University of Oxford: Elspeth Garman