Hauptmenü anzeigen Hauptmenü ausblenden

Neuer Ansatz zur Simulation der Quantendynamik von degenerierten atomaren Gasen

Die Dynamik ultrakalter atomarer Gase stellt Forscher immer wieder vor Herausforderungen. Wissenschaftler vom Zentrum für Optische Quantentechnologien der Universität Hamburg haben eine neue Methode gefunden, die zum einen Korrelationen zwischen vielen Teilchen beschreibt und zum anderen hilft, neue Techniken zu entwickeln. Die Wissenschaftler stellen ihre Ergebnisse im Fachmagazin „Physical Review A“ dar.

Die Simulation der Dynamik atomarer Gase außerhalb des Gleichgewichts ist eine große Herausforderung. Im Wesentlichen seien zwei Gründe dafür verantwortlich, erklärt Dr. Sven Krönke aus der Gruppe von Prof. Peter Schmelcher: „Erstens führen Kollisionen von Atomen zu Wechselwirkungen, die generell schwer zu beschreiben sind. Zweitens unterliegen die Bewegungen von Atomen bei derart tiefen Temperaturen der Quantenmechanik.“ Die detaillierte Simulation eines Gases, also die Zustandsbeschreibung eines jeden Atoms, werde extrem schwierig und schließlich unmöglich, je mehr Atome einbezogen werden, so der Wissenschaftler.

Theoretischer Ansatz, der auf gemittelte Größen abzielt

In der Praxis wird ein derart detaillierter Blick auf Quantengase häufig jedoch gar nicht benötigt. Typischerweise gilt das Interesse der Wissenschaftler in erster Linie gemittelten Beobachtungsgrößen, wie der räumlichen Dichte oder mittleren Geschwindigkeit. Schmelcher: „Aus diesem Grund ist es sehr erstrebenswert, einen theoretischen Ansatz zu finden, der genau auf diese gemittelten Größen abzielt, ohne den Zustand jedes einzelnen Atoms explizit zu beschreiben.“ Die sogenannte Born-Bogoliubov-Green-Kirkwood-Yvon (BBGKY) Hierarchiegleichung ist ein theoretischer Ansatz, der darauf abzielt, die mittlere Dynamik des Gesamtgases durch ein Wenig-Teilchen-Subsystem zu beschreiben.

Die Wissenschaftler entwickelten einen BBGKY-Ansatz, der auf sogenannte bosonische Quantengase zugeschnitten ist, also atomare Gase mit ganzem Spin. Sie entwickelten eine korrespondierende angenäherte Verkürzung für die BBGKY Hierarchie und arbeiteten die auffälligen Unterschiede zu fermionischen Gasen heraus. Fermionische Gase sind atomare Gase mit halb-ganzem Spin und sind bereits gut erforscht.

Beschreibung von Korrelationen zwischen vielen Teilchen

Auf Basis der zugrundliegenden mathematischen Gesetzmäßigkeiten konnten die Wissenschaftler die Hierarchie der Bewegungsgleichungen in einer sehr hohen Ordnung darstellen. Krönke: „Das bedeutet, dass unser theoretischer Ansatz Korrelationen zwischen vielen Teilchen beschreiben kann.“ Sie wandten ihren Ansatz auf zwei typische Szenarien an, die Tunneldynamik und kollektive Oszillationen, und stellten fest, dass die Kurzzeitdynamik genau beschrieben werden kann.  Für die Langzeitdynamik wird die BBGKY Hierarchie durch Instabilitäten beeinträchtigt und gibt ungenaue Vorhersagen. „Wir analysieren dieses Verhalten im Detail und entwickeln Techniken, um diese Instabilitäten abzuschwächen“, so Krönke.

Die Forschungsarbeit wurde vom Exzellenzcluster CUI unterstützt. Text: CUI

Originalpublikation:
S. Krönke and P. Schmelcher
“The BBGKY Hierarchy for Ultracold Bosonic Systems”
Physical Review A 98, 013629 (2018)
DOI: 10.1103/PhysRevA.98.013629